Die Idee für diese Artikelreihe entstand, weil einige Leute in meinem beruflichen Umfeld Interesse an Prozessmodellierung hatten, aber von den verschiedenen Versionen der BPMN und der wachsenden Komplexität der Elemente verwirrt waren. Es scheint auch keine einfachen Erklärungen oder praxisnahen Beispiele im Internet zu geben, die ihnen helfen konnten, die BPMN richtig anzuwenden. Deshalb möchte ich dir und anderen Interessierten diese Artikelreihe anbieten, um die BPMN auf eine einfache und verständliche Weise näherzubringen. Mein Ziel ist es, dass du dich in kürzester Zeit mit der BPMN vertraut machen und sie problemlos nutzen kannst.
Warum Prozessmodellierung?
Viele Unternehmen haben implizite und undokumentierte Prozesse, deren Schwachstellen verborgen sind. Erst durch das Modellieren werden diese Schwachstellen sichtbar und liegen “schwarz auf weiß” vor. Wenn der Prozess erst einmal explizit und dokumentiert ist und seine Defizite aufzeigt, kann er entsprechend verworfen, korrigiert oder angepasst werden. Man spricht dabei auch von analytischer Prozessbeschreibung, die dazu dient, die Effektivität von Prozessen zu verbessern.
Wie detailliert du den Prozess festhältst, ist eher Geschmackssache. Es ist nicht sinnvoll, jeden einzelnen Schritt im kleinsten Detail zu erfassen, da im Rahmen kontinuierlicher Prozessverbesserungen häufig Änderungen auftreten, die eine entsprechende Anpassung des Modells erfordern würden. Ein Modell ist eine Abstraktion des realen Zustands und sollte daher die relevanten Bestandteile des Prozesses enthalten. Gleichzeitig sollte die Komplexität so begrenzt sein, dass das Modell von allen Beteiligten gut verstanden wird. Wenn beispielsweise das Management die Zielgruppe ist, kann man auf noch mehr Details verzichten, es sei denn, es geht darum, diese konkreten Details zu präsentieren.
Die BPMN Notationsübersicht
Die BPMN ist ein Standard der Object Management Group und liegt derzeit in der Version 2.0 vor. Mein Fokus liegt jedoch auf den Kernkomponenten der BPMN, die von vielen – auch kostenfreien – Modellierungstools unterstützt werden. Es reicht aus, sich auf die Version 1.1 zu konzentrieren. Wenn du ein tiefergehendes Interesse hast, stehen dir unter https://www.bpmn.org/ die vollständigen Spezifikationen der BPMN der Object Management Group zur Verfügung.
Die BPMN Elemente
Damit wären wir schon bei der Notation und ihren Elementen, über die ich dir einen kurzen Überblick geben möchte. Die BPMN besteht – gemäß der Spezifikation der Version 1.1 – aus folgenden Elementen:
- Flow Objects:
Diese Elemente stellen die Knotenpunkte in den Geschäftsprozessdiagrammen dar, wie Aktivitäten, Verzweigungen und Ereignisse. - Connecting Objects:
Diese Objekte dienen dazu, die Flow Objects miteinander zu verbinden. Es gibt Sequenzflüsse, die den Ablauf der Aktivitäten darstellen, sowie Nachrichtenflüsse, die die Kommunikation zwischen Pools, Aktivitäten und Ereignissen abbilden. - Pools und Swimlanes:
Pools repräsentieren Geschäftseinheiten, während Swimlanes die Aktivitäten innerhalb der Pools unterteilen und strukturieren. Die Elemente sind so benannt, da ihre Darstellung stark an ein Schwimmbad mit den einzelnen Schwimmbahnen erinnert. - Artefakte:
Artefakte sind zusätzliche Elemente wie Datenobjekte, Gruppen, Anmerkungen und Assoziationen, die zur weiteren dokumentarischen Erklärung dienen.
Pools und Lanes
Die meisten mir bekannten Bücher und Ressourcen beginnen in der Regel mit der Modellierung von Aktivitäten und Sequenzflüssen. Das ist verständlich, da Aktivitäten die wesentlichen Bestandteile eines Prozesses sind. Ich habe jedoch bewusst entschieden, mit Pools und Lanes zu beginnen, da sie die Container für Prozesse und Abläufe darstellen. In den meisten Modellierungswerkzeugen beginnt man damit, einen Prozess in einem Pool zu beschreiben.
Pools
Pools sind Container und beinhalten die Aktivitäten sowie den Sequenzfluss. Pools könnten z.B. das eigene Unternehmen, Kunden oder Lieferanten sein. Jeder Prozess liegt immer in einem Pool. Pools können horizontal oder vertikal dargestellt werden.
Private Geschäftsprozesse
Der Großteil von Prozessen sind interne, also private Geschäftsprozesse. Sie betreffen Abläufe innerhalb der eigenen Organisation.
Abstrakte Geschäftsprozesse
Es gibt jedoch auch öffentliche oder abstrakte Geschäftsprozesse, die die Interaktion des privaten Geschäftsprozesses mit anderen Teilnehmern beschreiben. Dabei werden nur die Prozessschritte des privaten Geschäftsprozesses dargestellt. Die Prozessschritte des Partners bleiben „abstrakt“. Ist der Inhalt eines Pools nicht von Interesse, spricht man auch von einer Blackbox Darstellung. Hierbei bleibt der Ablauf innerhalb des Pools verborgen.
Kollaborierende Geschäftsprozesse
Es gibt auch globale oder kollaborierende Geschäftsprozesse. Hier können im Unterschied zum abstrakten Prozess auch die Prozessschritte der Partner detailliert beschrieben sein.
Nachrichtenfluss oder Message Flow
In den oben gezeigten Diagrammen findet zwischen den verschiedenen Prozessteilnehmern ein Austausch von Nachrichten statt. Dieser Nachrichtenfluss wird ausschließlich Pool übergreifend eingesetzt und niemals innerhalb eines Pools. Die Darstellung ist ein gestrichelte Linie mit einem Kreis am Anfang und einem nicht ausgefüllten Dreieck am Ende.
Swimlanes oder Lanes
Lanes stellen in Prozessdiagrammen interne Organisationseinheiten oder Rollen dar. Ein Pool kann mehrere Lanes enthalten. Eine Lane liegt immer vollständig in einem Pool. Lanes können ihrerseits wieder durch Lanes unterteilt werden. Alle Aktivitäten müssen vollständig in einem Pool bzw. deren Lanes liegen.
Hast Du Lust auf mehr?
Wenn Du Interesse an der BPMN und Pools und Lanes hattest, interessieren Dich vielleicht auch die folgenden Beiträge. Im nächsten Beitrag stelle ich Prozesse und Aktivitäten vor. In weiteren Beiträgen werden dann Sequenzflüsse, Artefakte und auch Modellierungstools folgen.
- Geschäftsprozesse modellieren mit der BPMN – Pools und Lanes
- Geschäftsprozesse modellieren mit der BPMN – Prozesse und Aktivitäten
- Geschäftsprozesse modellieren mit der BPMN – Gateways und Sequenzfluss
- Geschäftsprozesse modellieren mit der BPMN – Ereignisse und Auslöser
- Geschäftsprozesse modellieren mit der BPMN – Artefakte